
Heisenberg-Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden
Die Professur beschäftigt sich mit der Risikokompetenz und dem evidenzbasierten Entscheiden von Ärzt*innen und Patient*innen in der medizinischen Versorgung.
Sie befinden sich hier:
Heisenberg-Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden
Heisenberg-Professorin für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden

Eine evidenzbasierte Gesundheitsversorgung braucht risikokompetente Ärzt*innen und Patient*innen. Unser derzeitiges Gesundheitssystem hat beides nicht. Studien zeigen, dass viele Ärzt*innen durch Framing-Effekte basierend auf relativen im Vergleich zu absoluten Risiken irregeführt werden, den positiven Vorhersagewert von Tests nicht richtig berechnen können oder Krebsfrüherkennungs-Statistiken nicht richtig verstehen. Bei Patient*innen steht es nicht besser. Die Folge dieser kollektiven Risikoinkompetenz ist ein teilweise ineffizientes Gesundheitssystem, in dem Patient*innen nach unnötigen Testungen und Behandlungen verlangen und Ärzt*innen diese verordnen.
Warum haben wir diesen Mangel an Risikokompetenz? Eine häufig diskutierte Annahme ist, dass Menschen von Natur aus kognitive Einschränkungen aufweisen, die einen informierten Umgang mit Risiken erschweren. Die Tatsache jedoch, dass selbst Viertklässler den positiven Vorhersagewert verstehen können, wenn die dafür notwendigen Informationen als natürliche Häufigkeiten präsentiert werden, verdeutlicht, dass das Problem eher darin zu suchen ist, wie statistische Informationen dargestellt werden. Neuere Studien weisen jedoch darauf hin, dass eine transparente Darstellung von Risiko-Informationen nicht das alleinige Allheilmittel ist, um die Fehlinterpretation von medizinischer Statistik und damit unerwünschte Variationen in der medizinischen Versorgung zu beseitigen. So fand sich zum Beispiel in einer Studie zur Risikoeinschätzung zur Eierstockkrebsfrüherkennung, dass fast die Hälfte der Ärzt*innen nicht bereit war, ihre inkorrekten Nutzen-Schaden-Annahmen zu korrigieren, selbst wenn sie eine leicht verständliche Zusammenfassung der gegenwärtig besten verfügbaren Evidenz erhielten. Mögliche Erklärungen dafür könnten Erkenntnisse zur Risikoperzeption aus der Kognitionswissenschaft liefern, die darauf hindeuten, dass die Wahrnehmung und der Umgang mit Risiken nicht nur von der persönlichen Risikokompetenz abhängt, sondern auch von sozialen Transformationsprozessen, die Risikoinformationen bei ihrer „Reise“ durch soziale Netzwerke (z.B. Kollegen, Peers) erfahren sowie der Art und Weise, wie Menschen initial von einem Risiko Kenntnis erlangen – durch Beschreibung (Studienergebnisse, Leitlinien) oder durch Erfahrung.
Curriculum Vitae
- 2021 – Heisenberg-Professorin für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden
- 2015 – Habilitation (Priv.-Doz.) und Venia Legendi in medizinischer Soziologie und Rehabilitationswissenschaften, Charité Universitätsmedizin Berlin
- 2007 – Promotion (Dr. rer. nat.) in Psychologie, Humboldt Universität zu Berlin
- 2003 – Diplom (Dipl.-Psych.) in Psychologie, Universität Potsdam
Forschungsinteressen
- Medizinische Risikokompetenz und -kommunikation/Verständnis medizinischer Statistik
- Evidence-basierte Entscheidungsfindung
- Heuristische Entscheidungshilfen
- Interessenkonflikte in der Medizin
- Defensives Entscheiden in der Medizin
Ausgewählte Literatur
- Wegwarth, O., Wagner, G. G., Spies, C., & Hertwig, R. (2020). Assessment of German public attitudes toward health communications with varying degrees of scientific uncertainty regarding COVID-19. JAMA Network Open, 3(12), Article e2032335. doi.org/10.1001/jamanetworkopen.2020.32335
- Wegwarth, O., & Pashayan, N. (2019). When evidence says no: Gynecologists' reasons for (not) recommending ineffective ovarian cancer screening. BMJ Quality & Safety. Advance online publication. doi.org/10.1136/bmjqs-2019-009854
- Wegwarth, O., & Gigerenzer, G. (2018). US gynecologists' estimates and beliefs regarding ovarian cancer screening's effectiveness 5 years after release of the PLCO evidence. Scientific Reports, 8, Article 17181. doi.org/10.1038/s41598-018-35585-z
- Wegwarth, O., Wagner, G. G., & Gigerenzer, G. (2017). Can facts trump unconditional trust? Evidence-based information halves the influence of physicians' non-evidence-based cancer screening recommendations. PLoS ONE, 12(8), Article e0183024. doi.org/10.1371/journal.pone.0183024
- Wegwarth, O. (2015). Cancer survival rates: The CONCORD-2 study. The Lancet, 386(9992), 429–429. doi.org/10.1016/S0140-6736(15)61442-8
- Wegwarth, O., & Gigerenzer, G. (2013). Overdiagnosis and overtreatment: Evaluation of what physicians tell patients about screening harms. JAMA Internal Medicine, 173(22), 2086–2087. doi.org/10.1001/jamainternmed.2013.10363
- Wegwarth, O., Schwartz, L. M., Woloshin, S., Gaissmaier, W., & Gigerenzer, G. (2012). Do physicians understand cancer screening statistics? A national survey of primary care physicians in the United States. Annals of Internal Medicine, 156(5), 340–349. doi.org/10.7326/0003-4819-156-5-201203060-00005
- Wegwarth, O., & Gigerenzer, G. (2011). "There is nothing to worry about": Gynecologists' counseling on mammography. Patient Education and Counseling, 84(2), 251–256. doi.org/10.1016/j.pec.2010.07.025
- Gigerenzer, G., Wegwarth, O., & Feufel, M. A. (2010). Misleading communication of risk. BMJ, 341(7777), Article 341:c4830, 791–792. doi.org/10.1136/bmj.c4830
- Wegwarth, O., Gaissmaier, W., & Gigerenzer, G. (2009). Smart strategies for doctors and doctors-in-training: Heuristics in medicine. Medical Education, 43(8), 721–728. doi.org/10.1111/j.1365-2923.2009.03359.x
Ehrungen und Auszeichnungen
- 2022: Berufendes Mitglied des Sozialwissenschaftlichen Beraterstabs bei der Pandemiebekämpfung des Berliner Senats für Wissenschaft und Gesundheit
- 2021: Geladene Expertin beim WHO Global Technical Consultation on developing metrics and indicators to quantify the burden of infodemic on health and well-being, World Health Organization, Geneva (Switzerland).
- 2020: Aufnahme in das Heisenberg-Programm mit einer Heisenberg-Professur durch die Deutsche Forschungsgemeinschaft (DFG)
- 2019: Geladene Expertin, Nobel Prize Dialogues “Towards Health: Equality, Responsibility, and Research”/Panel: “Vaccine hesitancy”, auf Einladung der Nobel Stiftung, dem Swedischen Botschafter Per Thöresson und der Leopoldina, Berlin.
- 2019 - : Geladene Expertin beim WHO European Technical Consultation on Screening, World Health Organization, UN-City Kopenhagen (DK).
- 2017: Geladene Expertin beim 3. Internationalen Deutschlandforum (IDF) „Was Menschen wichtig ist – Globale Gesundheit und Innovation“, Bundeskanzleramt auf Einladung der Bundeskanzlerin, Berlin.
- 2016: Dr. Lothar Beyer-Preis der Deutschen Gesellschaft für Allgemeinmedizin und Familienmedizin, Frankfurt/Main.
- 2013: Early Investigator Award, Society of Behavioral Medicine, San Francisco (USA).
- 2012: Geladene Expertin beim BMBF Bürgerdialog "Zukunftstechnologien: Hightech-Medizin", Berlin.
- 2010: International Collaboration Grant, Icahn School of Medicine at Mount Sinai, New York City (USA).
- 2009: Visiting Fellow Grant, Clinical Epidemiology Interdisciplinary Research Group, Cardiff University (UK).
Team

Senior Research Scientist an der Heisenberg-Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden

Wissenschaftliche Mitarbeiterin an der Heisenberg-Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden

Wissenschaftliche Mitarbeiterin Heisenberg-Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden

Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Projekt "SEPWISS"

Doktorand an der Heisenberg-Professur für medizinische Risikokompetenz & evidenzbasiertes Entscheiden